Alex Studer ist Molekularbiologe – und ein echter Basler Bebbi. Sein berufliches wie privates Glück hat er allerdings im Alpenrheintal gefunden.
Die Pipette steht im Zentrum dieser Geschichte. Jahrelang hat sie Alex Studer benutzt, um nach den Ursachen des Ozonlochs zu forschen. Er hat in den Labors des mikrobiologischen Instituts der ETH Zürich Proben analysiert, kleinste Mengen von Flüssigkeiten auf Objektträger appliziert und geforscht und geforscht, bis er seinem Namen ein «Dr.» voransetzen konnte und ihn der Laborkoller befiel.
Der Chef-Innovator
Wenn einen Alex Studer heute in den modernen Räumlichkeiten von INTEGRA Biosciences in Zizers begrüsst, kann man sich gar nicht mehr vorstellen, dass er jahrelang mehr mit Bakterien als mit Menschen zu tun hatte. Statt weissem Kittel trägt er ein lachsrotes Poloshirt, Chinos und bequeme Joggingschuhe – und während er durch die Firma führt, Leute begrüsst und ein freies Sitzungszimmer sucht, begleitet er seine Erzählungen mit lebhafter Gestik.
«Ich glaube, viele Leute wissen noch gar nicht, was sich im Rheintal wirtschaftlich alles tut.»
Mit Pipetten hat er immer noch zu tun, auch wenn er sie heute selten selber benutzt: Integra Biosciences ist einer der weltweit führenden Hersteller von Geräten zum Flüssigkeitstransfer. In Zizers werden hochmoderne, patentierte Pipettiergeräte produziert, bei der US-Niederlassung in New Hampshire das dazugehörige Verbrauchsmaterial, das es den Nutzenden erlaubt, komplett steril zu arbeiten. «Die Integra-Geräte funktionieren wie eine Art Nespresso-System», sagt Studer und nimmt einen symbolischen Schluck Kaffee. «Dass wir alles aus einer Hand anbieten, hat dabei geholfen, die Qualität deutlich zu steigern.» Alex Studer ist verantwortlich für den gesamten Bereich Innovation. Dazu gehören das Marketing, das Produkt-Management und die Forschung und Entwicklung.
«Der Firma geht es blendend», sagt Studer nicht ohne Stolz. «Wir haben unseren Umsatz in den letzten zehn Jahren stetig um 20 Prozent steigern können. Dieses Jahr wird es vermutlich noch mehr sein.» Rund 570 Leute arbeiten bei Integra Biosciences, Tendenz steigend. Man betreibt ausser in der Schweiz eigene Verkaufsorganisationen in den USA, in Deutschland, in Frankreich, England, China, Japan und Dänemark. Deshalb sei man nicht nur immer nach Ingenieurinnen und Ingenieuren auf der Suche, sondern auch nach Arbeitskräften, die verstehen, wie der Markt funktioniert. «Alles steht und fällt mit den richtigen Leuten.» Das Ziel fürs Rheintal müsse sein, den Pool an Interessierten zu erweitern. «Ich glaube, viele Leute wissen noch gar nicht, was sich hier wirtschaftlich alles tut. Die interessieren sich für eine bestimmte Firma, und wenn es mit der nicht klappt, ist ihnen gar nicht bewusst, dass es noch eine Menge Alternativen in der Region gibt.»
Angekommen in der Natur
Während der wirtschaftliche Reiz des Graubündens einigen also bislang noch verborgen geblieben ist, sind die Wohnort-Vorteile hinlänglich bekannt. «Ich will nicht mehr in die Stadt zurück», sagt Studer, der mit seiner Familie in Maienfeld wohnt. «Die Bedürfnisse verändern sich. Wir haben jetzt die Natur direkt vor der Haustür.»
Die Outdoor-Möglichkeiten seien grenzenlos. Im Winter bringe er seine Kinder am Morgen zum Skilift und hole sie über Mittag wieder ab. Sein Büro in Zizers liegt nur fünf Autominuten entfernt. Zum Mittagessen fährt er wenn immer möglich schnell nach Hause. «Das machen viele hier.» Er geniesse das sehr. Und auch seine Frau fühlt sich hier inzwischen superwohl: Obwohl sie leer geschluckt habe, als er von den neuen Plänen erzählte. Damals lebten sie noch in Boston, als die Firma ihren US-Standort aufbaute. Nach 17 Jahren ist Studer inzwischen Teilhaber der Firma. Die Pipette hat ihn, Tropfen für Tropfen, weit gebracht.