Andreas Conzelmann stand bereits auf einem der 14 höchsten Berge der Welt. Heute sucht der CEO der TRUMPF Schweiz AG weniger die Extreme, als vielmehr das Naturerlebnis – «Ich habe Kinder», sagt er.
«Es fühlte sich an wie eine Niederlage», erzählt Andreas Conzelmann mit schwäbischem Akzent von einem sonnigen Oktobertag. Nur wenige Minuten Aufstieg hatten ihn damals vom Gipfel des Matterhorns getrennt, einem der letzten 4000er der Alpen, auf welchem er noch nicht gestanden ist. Ein paar Jahre später war er wieder am gleichen Berg, dieses Mal bei idealen Verhältnissen am Gipfel. In der folgenden Nacht kreisten am Himmel kreisten die Helikopter, an den Bergwänden die Kegel ihrer Suchscheinwerfer auf der Suche nach blockierten Bergsteigern. «Spätestens dann wusste ich, dass es richtig war, damals umzudrehen.» Er habe gelernt, dass man Dinge nicht um jeden Preis durchziehen muss – im Sport wie im Geschäft. Und doch: «Mich fasziniert es, das Unmögliche möglich zu machen.»
Er kennt die Praxis
An der Innenseite der Glasfront, die Andreas Conzelmanns Büro in Grüsch optisch mit der Bergwelt Graubündens verbindet, klebt fein säuberlich geordnet ein leuchtend gelbes Post-it neben dem nächsten. Wer Grosses erreichen will, muss sich Schritt für Schritt vortasten. «Meine Eltern haben mir empfohlen, vor dem Studium eine Lehre zu machen.» Bis heute habe er es nie bereut, diesem Ratschlag gefolgt zu sein. «Mir war zwar klar, dass die Lehre als Polymechaniker nur eine Zwischenstation ist.» Doch kenne er nun auch die andere Seite, die Praxis an den Maschinen. «Auch als CEO von TRUMPF versuche ich, die Nähe zu den Produktionsmitarbeitenden zu haben», sagt er. Zu den Menschen, die aus der Idee, in Grüsch mit Laserstrahlen Blech und andere Materialien zu bearbeiten sowie Hightech-Maschinen und -Laser zu produzieren, eine Tatsache machen.
Worauf es beim Maschinendesign ankommt.
Eine ganze Woche wird er bald im Blaumann in der Produktion stehen und bei der Montage einer Maschine mithelfen. Eine gewisse Distanz zwischen ihm und den Menschen in den Hallen habe sich trotzdem aufgetan. «Diesen Schritt muss ein CEO machen», sagt er und ergänzt gleich, dass viele in der Firma in vielen Bereichen mehr wüssten als er. «Die Kunst ist es, dieses Wissen abzuholen.» Gerade auch, wenn eine Entscheidung getroffen werden muss, bei der selbst er unsicher ist.
Wahnsinnige Naturerlebnisse
Im Jahr 2007, 20 Kilometer westlich des Mount Everests, wurde auf dem Cho Oyu aus einem von Andreas Conzelmanns grössten Wünschen Realität: «Ich wollte auf einem der 14 höchsten Berge der Welt stehen.» Vier Dinge gebe es, sagt Andreas Conzelmann, die beim Besteigen eines 8000er-Gipfels wichtig seien. Man müsse gesund bleiben, eine Grundfitness und bergsteigerisches Können mitbringen, und, was nicht lernbar sei: Man müsse die Höhe vertragen. «Bei 8000 Metern beginnt die Todeszone, dort darf man sich keinen Fehler mehr erlauben.»
«Natur und Nachhaltigkeit sind für mich sehr wichtig»
Heute klettert Andreas Conzelmann noch immer auf Berge, aber anders. War er früher gerne mal drei Wochen lang in den Alpen unterwegs, sind es nun noch drei Tage – «Ich habe Kinder», sagt er. Doch Sport ist immer noch ein wesentlicher Teil seines Tages. Morgens, wenn sein Kalender es zulässt, steigt er vor dem Einfamilienhaus im Dorf Jenaz auf sein Fahrrad. Er fährt vorbei an seinen Hausbergen Chrüz und Sassauna, flussabwärts der Landquart entlang, biegt rechts ab, bevor diese in den Rhein mündet und stellt das Fahrrad zu denjenigen seiner Kolleginnen und Kollegen. «Hier in Graubünden hat man so wahnsinnige Naturerlebnisse», sagt er und erinnert sich an den Moment, als er mit dem Gleitschirm über eine Kolonie von etwa 25 Steinböcken geflogen ist. «Natur und Nachhaltigkeit sind für mich sehr wichtig.»
Steht der CEO abends vor dem TRUMPF-Gebäude und sieht drinnen Licht schimmern, dreht er nochmal um, löscht das Licht und fährt erst dann los. Flussaufwärts, Richtung Feierabend, Richtung Familie. Auf der Webseite seiner Firma steht: arbeiten, wo andere Ferien machen.